War starts here – Kampagne gegen die kriegerische Normalität

Wir dokumentieren hier als Anregung zu konstruktiven Debatten den Aufruf „War starts here. Kampagne gegen die kriegerische Normalität“, der in verschiedenen Foren und Zeitschriften veröffentlicht wurde

Markieren, Blockieren und Sabotieren

Wir rufen auf, aktiv einzugreifen in die kriegerische Normalität und die zahllosen zivilmilitärischen Verflechtungen. Der Fokus unserer Kampagne liegt auf der erweiterten Infrastruktur und der ideologischen Legitimierung von militärischer Gewalt. Wir wollen die verschieden Facetten dieser Herrschaftssicherung sichtbar machen, stören und angreifen. Das Vorbereiten, Üben und Koordinieren von Krieg, das Produzieren, Transportieren, Forschen, Werben und Rekrutieren für den Krieg findet direkt vor unseren Augen statt.

Doch es geht uns um mehr als direkt militärisch erkennbare Rüstungsindustrieen, Bundeswehreinrichtungen und -geräte, Truppenübungs- und Umschlagplätze. Patriarchale und neokoloniale Ideologien und Denkmuster müssen in den eigenen Köpfen als Teil von Militarisierung und Kriegsführung erkennbar gemacht werden. Wir wollen auch zivile Orte und Institutionen – Schulen, Arbeitsagenturen, Universitäten, Berufsmessen – als Orte markieren, in die militärische Formierung und Rekrutierung tagtäglich eindringt. Öffentliche Auftritte der Bundeswehr, bei Stadtfesten, Konzerten der Militärmusikkorps, Reservistenveranstaltungen inmitten der „Zivilgesellschaft“ sowie das „hilfstätige“ Unterwandern und Koordinieren von ziviler Infrastruktur in Krankenhäusern und beim Katastrophenschutz, können verhindert werden.

Das militärische Führen und Kontrollieren von Konflikten wird in immer mehr Situationen offensiv als alternativlos propagiert. Krieg wird weiter normalisiert, ob humanitär etikettiert, mit der Doktrin der „responsibility to protect“ (Verantwortung zu schützen) oder offen ökonomisch begründet zur Durchsetzung von „freien Rohstoff- und Handelsströmen“. Der Kriegseinsatz der Nato gegen Libyen zum „Schutz der Zivilbevölkerung“ und das gleichzeitige Inkaufnehmen des Ertrinkungstodes hunderter flüchtender Menschen im Mittelmeer durch die repressive Abschottung der EU, macht den menschenverachtenden Zynismus dieser Politik deutlich.

Die Sicherung von staatlicher Herrschaft und die Durchsetzung ökonomischer Interessen machen den Kriegszustand allgegenwärtig. „Ob völkerrechtlicher Angriff oder innerstaatliches Verbrechen, ob Kombattant oder Krimineller, ob Krieg oder Frieden: Die überkommenen Begriffe verlieren ihre Trennschärfe und damit ihre Relevanz“ (Schäuble, Jan 2007). Unterschiede zwischen Innen und Außen, militärisch und zivil, Polizei und Militär, Krieg und Frieden verlieren ihre Konturen.

Gleichzeitig bereiten Diskurse zur Flüchtlings- und Migrantenabwehr und zur sozialen Ausgrenzung sog. Leistungsunwilliger, den Weg für moderne patriarchale, neokoloniale und rassistische Weltbilder. Wir sollen uns an den permanenten Kriegszustand nach außen und den militarisierten Normalzustand im Inneren gewöhnen. Soldaten und Soldatinnen „helfen“ beim Castor, jagen Piraten, und bilden Polizisten und Polizistinnen in Afghanistan aus. Entwicklungshilfeminister Niebel fordert (nicht nur) im Kontext des zehnjährigen Krieges in Afghanistan von allen „zivilen“ Hilfs- und Wiederaufbauorganisationen militärischen Gehorsam. Popstars stärken der Bundeswehr an der Front den Rücken. Nicht erst seit der diesjährigen Aussetzung der Wehrpflicht versucht eine immense Rekrutierungs- und Werbeoffensive, eine militärische Durchdringung des „Zivilen“ und den gesellschaftlichen Rückhalt der „Heimatfront“ abzusichern.

Von der „Ablehnung“ des Krieges …
In einem von wikileaks veröffentlichten Report zum Krieg in Afghanistan warnt die CIA davor, dass „[…] eine in Frankreich und Deutschland vorhandene passive Ablehnung der Kriegsbeteiligung in eine aktive und politisch bedeutsame Feindschaft umschlagen könnte“.

Die hier vorgeschlagene Kampagne ist Teil von europaweiten antimilitaristischen Aktivitäten. Wir wollen dazu beitragen, diese „passive Ablehnung“ eines Großteils der Bevölkerung in sichtbar „aktives Handeln“ gegen Krieg und Militarisierung zu verwandeln. Dazu halten wir es für nötig, das Krieg(s)Treiben in all seinen Facetten hier vor Ort sicht- und angreifbar zu machen. Die Kampagne ist offen für alle, die ihre Aktivitäten in diesen Kontext stellen wollen.

… zur Sabotage der „Heimatfront“
Es geht nicht nur darum, das Gesicht des Krieges mit all seinen zerstörerischen und tödlichen Konsequenzen offen zu legen, sondern vor allem darum deutlich zu machen: Krieg beginnt hier – war starts here – und ist hier aufzuhalten.

Kriegstreiberei und Militarisierung markieren, blockieren, sabotieren!

 

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