zwischen.bericht.04

Gestern war Besuchszeit in Beelitz und so erreicht uns folgender Zwischenbericht von Jan-Patrick.

…und nicht vergessen: am 15.11. um 13:00 Kundgebung in Beelitz! Freiheit für Jan-Patrick!

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zwischen.bericht.04

Als ich am 30.10. wieder „meine“ Kaserne betrat, schleppte ich mich erstmal an meinem Gepäck über das halbe Kasernengelände hinweg fast zu Tode. Kaum hatte ich dieses abgelegt, ging es mal wieder zum Arzt zur Untersuchung auf Arresttauglichkeit. Zu meiner Verwunderung gab es diesmal nicht nochmal einen Befehl, den ich verweigert hätte, um mich vorläufig Festnehmen zu können wie es noch am 06.10 passiert ist. Vielleicht haben die Soldaten endlich verstanden, dass ich nicht einfach verschwinde. Dennoch konnte ich nur unter Begleitung zum Arzt oder rauchen gehen.
An meiner Tauglichkeit hatte sich natürlich nichts verändert und somit konnte es eigentlich losgehen. Allerdings wollte der „richtige Chef“ nochmal mit mir sprechen. Dieser Chef ist Oberstleutnant Sander und Kasernenleiter. Zugleich ist er wohl die unfreundlichste Person, die mir bei der Bundeswehr begegnet ist. Auch er wollte von mir persönlich nochmal hören, weshalb ich das mache, begann aber selbst erstmal zu schwadronieren. Als er dann sagte „Wenn meine Kinder so etwas machen würden, würde ich mir ernsthaft die Frage stellen , ob ich in der Erziehung etwas falsch gemacht hätte.“ wäre mir fast der Kragen geplatzt. Da dies aber keinen Sinn gehabt hätte und ich – anscheinend im Gegensatz zu ihm wie auch ein weiteres Beispiel zeigen wird- nachdenke, bevor ich spreche, hielt ich es für angebracht ihm nur kurz und knapp zu antworten und ihn über meine Gründe im Dunkeln zu lassen. Im Verlauf des Aufgrund dieser Tatsache recht einseitigen Gesprächs erklärte er mir dann offen, dass er „Soldat aus tiefster Überzeugung“ ist. Soll also heißen, dass er sich durch mich in seiner Vaterlandsliebe gekränkt fühlt, deshalb zunächst die erzieherischen Fähigkeiten meiner Eltern anzweifelt und mich aus demselben Grund so lange weg sperren will bis jemand von außen eingreift, also beispielsweise das Truppendienstgericht einen weiteren Antrag auf Arrest nicht statt gibt.
Nun gut, wenigstens lässt sich nun einwandfrei feststellen, dass spätestens dieser dritte Arrest nicht mehr den „erzieherischen Zweck“ verfolgt, den Bundeswehrarreste nur haben dürfen. Stattdessen dient dieser und jeder weitere Arrest als Strafe und ist somit rechtswidrig. Mein Anwalt wird sich in dieser Sache sicherlich ins Zeug legen, damit Oberstleutnant Sander sein offenbar gekränktes Ego nicht auf meine Kosten wieder aufpolieren kann.
Nach dem Gespräch war ich regelrecht froh in den Arrest zu kommen und zu wissen diese Person so schnell nicht wiederzusehen. 21 Tage Beelitz klang für einen Moment sogar fast nach Urlaub.
Gegen Mittag kam ich in der „neuen Heimat“ an und es hieß erstmal lange zeit zu warten bis der Papierkram erledigt war. Dabei saß ich in einem Büro zweier Soldaten, die mir während sie alles fertig machten, einen Kaffee anboten. Zum Schluss durfte ich neben meinem Anwalt auch noch meine Familie und meine MitbewohnerInnen anrufen, leider erreichte ich aber nur meine Familie, die aber anscheinend alles exakt weitergeleitet haben.
Da vor der Fahrt meine Post in Strausberg nicht eingepackt wurde und ein langes Wochenende vor der Tür stand blieb mir vier Tage nur das Lesen, was mir allerdings auch nichts machte. Ich hoffte so am Montag auf ganz viel Post aus einer Woche. Leider folgte dann die Ernüchterung: „Nur“ zwei Briefe kamen an, am Tag darauf war es aber deutlich mehr und den Poststempeln nach zu urteilen teils aus der Vorwoche. Die fünf Postsendungen täglich werden momentan zwar nicht erreicht, ich habe aber auch noch Lesestoff en masse. Dennoch würde ich mich über ein wenig mehr Post natürlich freuen und beantworte immer noch jeden Brief.
Die Tagesabläufe sind denen in Storkow und Holzdorf erwartungsgemäß ähnlich, allerdings ist es hier kein Problem, wenn ich außerhalb der „Hygienezeiten“ duschen möchte. Leider ist das Kasernengelände ein wenig klein, sodass ich mich in der Stunde Aufenthalt unter freiem Himmel an eine kleine Spazierstrecke halte, die mich nicht nur Gebäude sehen lässt. Zu meiner Empörung stellte ich fest, dass in diese Kaserne ein Übungsgelände mit dem Namen „Klein Kosovo“ existiert. Dieser Name ist auf den offiziellen Wegweisern im Kasernengelände ausgeschildert. Schön is‘ anders…

Nun ja, zu meiner Freude liegt Beelitz nicht im Nirgendwo und ich hatte Gelegenheit Menschen sofort darüber zu informieren, wo ich gelandet bin. Daher erwarte ich heute auch Besuch und nächste Woche scheint es auch ziemlich fest zu klappen. Ich freu mich jedenfalls darauf.
Das soll es erstmal gewesen sein….
Ich denke, dass der nächste Bericht nächste Woche da sein wird, obwohl dieser dann vermutlich weniger Neues enthalten wird.

Bis dann,

Jan-Patrick (Pogo)

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 „Soldat aus tiefster Überzeugung“ – Oberleutnant Sander.

Protest-Postkarten / Post:

Kasernenkommandant / Oberstleutnant Peter Sander
Barnim-Kaserne
Umgehungsstraße 1
15344 Strausberg

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Nette Post an:

Jan-Patrick Ehlert
Barnim-Kaserne, 18. Kompanie Luftwaffenausbildungsregiment
Umgehungsstraße 1
15344 Strausberg

Kommentare zum Artikel:

 

  • Frank Nickel 09. November 2008 um 8:57 Uhr

    Halo liebe Leute, hochverehrte Totalverweigerer, liebe Gegner von staatlichen Zwangsdiensten.
    Ich habe gerade den aktuellen Bericht von Patrick gelesen und möchte nunmehr gerne auch meinen „Senf“ dazu abgeben.
    So, ein Oberstleutnant Sander erdreistet sich also, die Befähigung von Patricks Eltern zur Erziehung zu beanstanden.
    Natürlich in der Art, wie wir sie von der Bundeswehr kennen; Arrogant, überheblich, sich selbst überschätzend und natürlich auch absolut anmassend. Ich möchte gerne einmal das gezeichnete Bild umgekehrt darstellen. Ich habe keine eigenen Kinder (Keine Kinder für Deutschland, aus Überzeugung), aber wenn mein mittlerweile 19 Jahre alter Ziehsohn jemeils diesem „überdimensioniertem Schützenverein“ beitreten wollte, würde ich mich als Bürger dieses Staates aufrecht fragen, was ich denn in meiner Erziehung so alles falsch gemacht hätte, daß ich meinen Jungen in die Arme der Kriegstreiber sende, habe ich ihm keine friedlichen Perspektiven aufgezeigt.?? Herr Sander ist also Soldat aus Überzeugung??? Es fragt sich nur aus welcher Überzeugung. Ist es die Überzeugung, daß die Deutsche Armee Millionen unschuldiger Zivillisten in vielen Ländern, unschuldig abgeschlachtet haben?? Ist es die Überzeugung, das der Deutsche (Soldat) zwei Weltkriege angefacht hat, mit Millionen von Toten??? Oder ist es aber die Überzeugung, daß alleine in den Gaskammern von Auschwitz und Treblinka nahezu 6,5 Millionen unschuldige Menschen vergaßt und ermordet wurden, (alles im Namen der Deutschen)??? Herr Sander, sie sollten sich abgrundtief schämen. Wieviele Frauen mussten in der Vergangenheit um ihre Söhne, Väter etc. weinen, weil sie von den verbrecherischen Regierungen Deutschlands in den Tod getrieben wurden. Und da haben sie allen ernstes noch die Frechheit zu erklären, sie wären Soldat aus Überzeugung??? Und das auch noch gegenüber einem Menschen, der mit dem verbrecherischen Schaffen einer deutschen Armee nichts, aber auch gar nichts zu tun haben möchte. Schämen Sie sich!!! Nun, mich würde interessieren, ob Sie auch eigene Söhne haben. Wenn ja, würden Sie sie wahrscheinlich für die Bundeswehr idealisieren, und auch ihren Tod ggf. in Kauf nehmen. Ich möchte Ihnen sagen, daß ich eher für meinen Ziehsohn sterben würde, als ihn für irgendeinen Staat, eine dämliche Flagge, falsche Ideologien etc. zu opfern. Aber ich habe in kürzester Zeit eingesehen, daß wir diesbezüglich unterschiedlicher Auffassung sind. Nun, da Sie ja „Soldat aus Überzeugung“ sind darf ich Ihnen noch mitteilen, daß unsere gesamte Familie nicht hinter der Bundeswehr und ihrem Treiben steht. Bedenken Sie bitte, in all Ihrer Überzeugung, daß Sie nur einem Schurkenstatt dienen. Deutschland ist nichts anderes als der Zusammenschluß aus einem „Naziverbrecher-Nachfolgestaat“ und einem verbrecherischen „SED Regime“. Einzelne Menschen bedeuteten nichts. Ich wische mir nach wie vor gerne meinen Hintern mit schwarz-rot-goldenem Toilettenpapier ab, welches ich kürzlich in einem „Fun-Shop“ in den Niederlanden ersteigert habe!!!!! Sie möchten Menschen massregeln????, dann sollten Sie erst einmal aus der Riege der „Zivilversager“ bei der Bundeswehr heraustreten.

    Deutschland und seine Schergen total verweigern!!!!!!!!

    friedliche Grüße,
    der Frank

    P.S. an die Gruppe:

    Der Herr Sander ist kein OBERLEUTNANT, sondern als Kassernenkommandant ein OBERSTLEUTNANT!!! Bitte berichtigt das in Eurer „POSTADRESSE“, denn sonst kommt die Post nicht an.
    Rock´n Roll,
    der Frank

  • Alyssa 16. November 2008 um 23:31 Uhr

    @Frank Nickel
    Mich würde mal interessieren was in Deinem Leben falsch gelaufen ist, dass Du diesen deutschen Staat dermaßen hasst, ein Land dass Dich und Deine Ansichten toleriert. Toleranz ist ein Wort, das Du wahrscheinlich nicht kennst.
    Für das was Du da schreibst, wärst Du woanders wegen Landesverrat gemaßregelt worden. Zumindest aber sollte man Dich ausbürgern. Denn mit dem was Du schreibst, hast Du kein Recht Nutznießer dieses Landes zu sein, was Du wahrscheinlich bist.
    Aber dieses Land gewährt Dir so viele Freiheiten und Du trittst es mit Füßen. Ich schäme mich für Dich.

  • Frank Nickel 19. November 2008 um 6:51 Uhr

    @ Alyssa,
    eigentlich geht es hier nicht um mich, sondern um Patrick, gerne aber würde ich Deine Anmerkungen hier beantworten. Es muß bei einem Menschen nicht immer irgendetwas im Leben falschgelaufen sein, nur weil er andere Ansichten vertritt. Ich weiß gar nicht, wie Du darauf kommst, daß ich Deutschland hasse??? Ich habe hier Tatsachen wiedergegeben, die sich allesamt geschichtshistorisch belegen lassen. Ich selber halte mich für einen der tolerantesten Menschen überhaupt, egal ob es in religiöser, sexueller oder sonstiger Hinsicht ist. Dies beinhaltet auch meine Toleranz gegenüber all den „armen“ Menschen, die gerne „freiwillig“ zu diesem „überdimensionierten Schützenverein“ gehen. Wo aber bleibt die Toleranz von Menschen wie Dir, gegenüber den Menschen, die dieses eben nicht wollen, wie z.B. Patrick??? Das Soldatenhandwerk ist ein schmutziges, weil es sich mit der gezielten Tötung von Menschen, und der Ausbildung hierzu befasst. Wenn also jemand behauptet, daß er dieses aus „tiefster Überzeugung“ macht, erlaube ich mir damit nicht einverstanden zu sein, bzw. eine andere Meinung zu vertreten. Ob man mich ausbürgern sollte, oder wegen Landesverrat beschimpfen möchte, soll dahingestellt sein. Es ist mir ziemlich egal, da ich mich in erster Linie als Weltbürger sehe. Ich hatte aber vor vielen Jahren leider kein „Mitspracherecht“ wo ich auf die Welt kommen würde!! Zum Thema Nutznießer müsste man den Begriff erst einmal weiter erörtern. Ich habe keine Kinder, zahle aber Steuern für Schulen, Spielplätze etc. Für die Straßen, die ich begehe oder befahre zahle ich ebenfalls Steuern. Für meine Bildung haben meine Eltern jahrelang Steuern gezahlt. Für meine Altersversorgung habe ich privat vorgesorgt. Ich zahle selbst Steuern für die Finanzierung einer Armee, hinter der ich nicht stehe. Auch von meinen Steuern werden (leider) neue Waffen angeschafft und ich habe keine Möglichkeit mich dagegen zu wehren. Tolle Freiheiten. Ja, bei genauer Betrachtung halte ich mich nicht für einen Nutznießer dieses Landes. Wenn Du meinst, daß unser Land mir so viel Freiheiten gewährt, dann hast Du Dich wahrscheinlich in anderen Ländern noch nicht wirklich umgesehen. Sicherlich, es gibt auch Länder, die wesentlich undemokratischer sind. Aber muß man denn immer die schlechteren Beispiele als Maß der Dinge nehmen? Im Übrigen wurde die Toleranz den Deutschen nicht in die Wiege gelegt, gelle. Auch das lässt sich geschichtshistorisch nachweisen. Um so wichtiger ist es, für das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben einzustehen.

    friedliche Grüße,

    der Frank

  • Alyssa 19. November 2008 um 22:41 Uhr

    Danke. Diese Antwort war jetzt sehr sachlich. Und auch wenn ich teilweise andere Ansichten habe, gehe ich mir Dir in machen Dingen konform.

 

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