Heute ist ein Brief von Jan-Patrick angekommen – er schildert ein wenig den Verlauf der ersten Woche in Holzdorf aus seiner Sicht.
Zumindest das Mysterium mit den verspäteten Briefen hat sich nun auch aufgeklärt (siehe Brief).
zwischen.bericht.02:
Zweiter Arrest: Erste Woche in Holzdorf.
Nachdem ich am Montag, den 13.10, nach meinem „freien Abend“ morgens zu spät in die Kaserne kam, wurde mir sofort ein neuer Befehl gestellt. Ich solle am „Military Fitness“ mit „meinem“ Zug teilnehmen.
Es folgt nach Verneinung eine Wiederholung, die ebenfalls von mir abgelehnt wurde. Es folgte wieder die vorläufige Festnahme und ein Verhör in dem ich wieder die Aussage verweigerte. Dann geschah endlich etwas neues. Ich sollte zum Kommandeur gebracht werden. Dort angekommen unterhielt ich mich mit ihm ein wenig. Er erwähnte Moritz vom Jahr zuvor, ich erklärte kurz gefasst wieso, weshalb, warum ich das mache und dann sagte er, er würde nicht daran glauben, dass die erzieherische Wirkung des Arrestes bei mir auftreten wird und kündigte an, 18 Tage zu beantragen, damit jeder das lange Wochenende nutzen könne und mich dort niemand auf dem Samstag abholen muss (dass der Arrest in Holzdorf stattfindet, sagt er er auch).
Bis um 16:00 gammelte ich dann in einem Büro herum. Als ich essen ging, wurde mir lustiger weise keine Begleitung an die Hacken gehaftet, so dass ich seelenruhig allein über das Gelände schlenderte und locker hätte verschwinden können. Immerhin war direkt hinter der Truppenküche das Drehkreuz, dass direkt zum Bahnhof dort führte, von wo aus alle 20 Minuten eine S-Bahn nach Berlin fährt. Naja, ich ging essen, rauchte danach eine und setzte mich wieder in das langweilige Büro.
Nachdem ich ärztlich wieder für „arresttauglich“ erklärt wurde dauerte es nicht mehr lang und ich wurde nach Holzdorf gebracht. 90 Minuten! 90 verdammte Minuten dauerte die Fahrt! Von Berlin aus wären es dann sicher zwei Stunden.
Mir persönlich war es zwar egal wo ich nun in der Zelle säße – Abwechslung ist immer gut- mich ärgerte es nur, weil meine Besucher_innen allesamt von Berlin aus anreisen würden und manche zuvor noch aus Schleswig Holstein kommen müssten.
Angekommen gab es erstmal ein Lunchpaket zu futtern. Viel darin konnte ich nicht verwerten, weil auch Kadaver dabei waren, aber ich war satt genug. Nach dem einräumen meines Spindes und meiner Zelle rauchte ich noch eine Zigarette und relativ schnell war es dann auch Schlafenszeit.
Die nächsten Tage vergingen relativ schnell und alle genau wie in Storkow. Nur die Zeiten waren ein wenig anders aufgeteilt.
Dienstags wollte ich eigentlich schon einen Brief abgeschickt haben, damit mir Tabak geschickt wird – abends bekam ich meine Post allerdings wieder und mir wurde gesagt, diese könne ich auf meiner Stunde Spaziergang zur Postsstelle bringen. Also tat ich dies auch am nächsten Tag zwischen 14 und 15 Uhr. Ich dachte mir, wenn die Post Mittwoch weg war, so käme sie Donnerstag zu Hause an und Freitag wäre der Tabak dann hier. Aus meinem letzten Tabak drehte ich mir 14 Zigaretten und teilte sie mir ein. Freitag beim Spaziergang rauchte ich die letzte und hoffte auf die Post, die mir immer gegen 15:00 Uhr aus Strausberg gebracht wurde. Natürlich war nichts dabei. Also jedenfalls kein Tabak. Dafür konnte ich mich über einen kurzen Brief aus Portugal freuen. Nun war klar, dass ich bis Montag warten musste. Mittlerweile ist es Donnerstag schätzungsweise 11:00 Uhr und gerade komme ich, bis auf leichte, dafür aber andauernde, Kopfschmerzen gut zurecht. Schlimm war es nur gestern Vormittag nach dem Frühstück. Das war der bisherige Höhepunkt des Entzugs – zumindest wollte ich an diesem Punkt mehr als je zuvor eine rauchen, schwitzte und war zittrig.
Das Schwitzen hörte schnell komplett auf. Rauchen möchte ich immer noch gern, aber das Warten auf morgen ist kein Problem. Zittern tue ich zwischen durch mal ein wenig, so wie gestern beim Mittagessen. Nach dem Essen nimmt man sein Tablett und schiebt es in einen „Tablettwagen“. Ich muss so sehr gezittert haben, dass ich das Tablett auf der einen Seite nicht richtig rein schob und ich es nur mit meiner linken Hand hielt. Als ich schließlich das Gefühl hatte, das Tablett wäre verstaut und ich meine Hände entfernte, sah ich das Tablett in Zeitlupe fallen.
Nun gut, vor allem die Nichtraucher_innen unter euch wird es nicht so sehr interessieren, aber jetzt gerade ist meine schwierigste Zeit bisher im Arrest. Wenn man gerade liest oder schreibt und man aus Nervosität mit den Füßen zuckt und daran denken muss wie gerne man gerade jetzt rauchen würde und das ständig passiert – in Hochzeiten (nein, hier heiratet niemand) minütlich- dann vergeht die Zeit irgendwann verdammt langsam.
Zum Glück habe ich noch einiges an Süßigkeiten hier und auch in Strausberg im Spind, aber seit Freitag hat der Zuckerkonsum doch enorm zugenommen. Es ist wirklich so, dass Naschen (vielleicht auch Essen generell) absolut in dieser Situation hilft. Ein klein wenig Nachschub kann auf jeden Fall nicht schaden, zumal ich schätzungsweise (realistisch) noch etwa vier Wochen hier sein werde und vielleicht (hoffentlich nicht) geht mir der Tabak und das Geld (Tabak kann ich auch in der Kaserne kaufen) nicht nochmal aus.
So, eine Bitte hätte ich noch. Mittlerweile habe ich wohl schon über dreißig Briefe geschrieben und irgendwann (ca. beim 10.) hatte ich keine Lust mehr immer dasselbe zu schreiben. Viel ändert sich einfach nicht. Ich meine, ich freue mich wahnsinnig über jeden Brief und beantworte auch jeden gerne, aber über den Verlauf des Arrestes schreib ich nur noch, wenn konkrete Fragen dazu gestellt werden. Also tut dies bitte auch.
Pogo (Jan-Patrick)
Kommentare zum Artikel:
- 23. Oktober 2008 um 0:36 Uhr
Hättest du einmal einen Soldaten oder eine Soldatin mit niedrigeren Dienstgrad (das ist etwas was du nicht gelernt hast) nach Zigaretten gefragt, welche im Übrigen meist mehr menschlicher sind als du vielleicht annehmen magst, hättest du nicht so eine brutale und Menschen verachtende Rauchnot erlitten!
Hättest du dich mit den für jeden einsehbaren Vollzugregeln beschäftigt. Hättest du auch über den Militärgeistlichen jederzeit ein Gespräch mit deinem Anwalt bekommen, auch ohne Geld
Na ja, man kann sich auch besonders blöd anstellen^^, Sorry.
I.d.S: Wissen ist Macht, nix wissen Macht=NIX
MfG
11. November 2008 um 18:48 Uhr
Dann werde ich Jan-Patrick morgen mal Tabak schicken. XD