SL: Prozess wegen BeamtInnenbeleidigung- Wie unsinnige Strafverfolgung aussieht

Wir dokumentieren hier einen Artikel der Initiative militarismus-jetzt-stoppen:


Am 20. März muss sich in Schleswig ein Politaktivist gegen den Vorwurf der Beleidigung eines Polizisten verteidigen. Dem Polizeikritiker wird vorgeworfen, im Rahmen einer Gerichtsverhandlung den Einsatzleiter als „staatlich bezahlten Gewalttäter“ bezeichnet zu haben. Der Angeklagte möchte in der Öffentlichkeit offensiv mit dem Prozess umgehen.

Nach Ansicht des Angeklagten ist der Vorwurf der Beleidigung zu verwerfen. Verhandelt wird die Frage „Mit soviel Sternen auf der Schulter sind Sie wohl hier der am höchsten bezahlte staatliche Gewalttäter, haben Sie den Polizeieinsatz zu verantworten?“, mit der er sich an den Einsatzleiter Lohmeyer gewandt haben soll. Die Berufsbeschreibung stellt keine Beleidigung dar. Zudem sind vermehrt gegen politische Aktivist_Innen geführte Strafanzeigen als Repression zu betrachten.

„Ich wehre mich gegen den Vorwurf, Herrn Lohmeyer beleidigt zu haben“, so der Angeklagte. „Als Ausführende des staatlichen Gewaltmonopols wenden Polizist_Innen von Berufs wegen ständig Gewalt an. Dafür werden sie vom Staat bezahlt.“ Deshalb könne man die Formulierung schwer als unwahr bezeichnen. Auch das konkrete Vorgehen der Polizist_Innen im Kontext der angeblichen Beleidigung war gewaltsam: Zwei Prozessbesucher waren unter Einsatz „unmittelbaren Zwangs“ mit Gewalt aus dem Gerichtsgebäude verwiesen worden. Zudem setzte eine der Beamt_Innen an diesem Tag seinen Schlagstock gegen einen Fotografen ein, der versuchte, polizeiliche Gewalt zu dokumentieren ein. Dabei ging die Kamera eines Aktivisten zu Bruch.

„Betrachtet man den Kontext der Auseinandersetzung ist es noch verwunderlicher, dass sich Herr Lohmeyer von mir beleidigt fühlte“, so der Angeklagte zum Vorwurf. Der Angeklagte stellt den Prozess in eine Reihe von Strafanzeigen, die im Laufe des politischen Wirkens in der Region Husum/ Schleswig gegen ihn erhoben wurden. „Es geht hier nicht darum, eine Straftat zu ahnden. Das Vorgehen der Polizei werte ich als Repression gegen unliebsamen Politaktivismus“, äußert sich der Angeklagte. Sein aktionistisches und publizistisches Wirken für eine gewaltfreie Gesellschaft sei den Angehörigen der ausführenden Gewalt ein Dorn im Auge.

„Kann das sein? Dass in einem demokratischen Staat politisches Arbeiten systematisch durch Exekutivorgane behindert wird?“ Polizist_Innen wenden in Einsätzen häufig Gewalt an. Oft nicht gerechtfertigt. Das Vorgehen der Polizist_Innen bleibt meist ungestraft: Kolleg_Innen und Staatsanwält_Innen schützen sie. Amnesty International dokumentiert Fälle von Polizeigewalt in Deutschland https://www.amnestypolizei.de/sites/default/files/imce/pfds/Polizeibericht-internet.pdf ).

„Leider ist mein Fall kein Einzelfall. Kritik bzw. Anzeigen gegen polizeiliches Vorgehen enden häufig mit Gegenanzeigen durch die beschuldigten Polizist_Innen und mit der Kriminalisierung der Betroffenen“. Weitere Informationen zum anstehenden Prozess finden Sie u.a. in der Polizei-Doku Schleswig, in der u.a. anhand von Selbstzeugnissen der eingesetzten Beamt_Innen Gewalt und andere „Unregelmäßigkeiten“ dokumentiert werden:

Dokumentation zu Gewalt und Fehlverhalten der Schleswiger Polizei:

Teil 1: “Gilt die Pressefreiheit auch in Schleswig?”

Gilt die Pressefreiheit auch in Schleswig? (Polizei-Doku Teil 1)

Teil 2: “Die Sache mit der Dienstaufsichtsbeschwerde”

Die Sache mit der Dienstaufsichtsbeschwerde (Polizei-Doku 2)

Teil 3: „Üben PolizistInnen Gewalt aus?“

Üben PolizistInnen Gewalt aus? (Polizei-Doku 3)

Teil 4: Polizeigewalt im gesellschaftlichem Diskurs: https://husuma.nirgendwo.info/2013/02/25/polizei-doku-teil-4-polizeigewalt-als-selbstverstandlichkeit-im-diskurs/

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