Zwei Tage vor einem erneuten Verhandlungstermin stellte das Amtsgericht Lübeck das Verfahren wegen Dienstflucht gegen den totalen Kriegsdienstverweigerer Fabian ein. Damit verhinderte das Amtsgericht eine (eigentlich rein demokratie-theoretisch) verfassungswidrige Mehrfachbestrafung. Fabian war bereits zweimal rechtskräftig verurteilt worden, weil er der wiederholten Aufforderung, seinen Wehrdienst im Zivildienst abzuleisten, nicht nachgekommen war. Nun drohte im eine Haftstrafe, da sein letzter Prozess wegen seiner Verweigerung mit einer halbjährigen Bewährungsstrafe zu Ende gegangen war. Fabian muss nun als Bedingung für die Einstellung des Verfahrens 100 Arbeitsstunden ableisten.
Doch keine erneute Mehrfachbestrafung
Am 10.2. 2010 war bereits ein Prozesstag vertagt worden. Der Saal 263 im Amtsgericht Lübeck war damals schon vor Prozessbeginn überfüllt. Einige der fast 30 UnterstützerInnen mussten auf dem Boden Platz nehmen. Nach Verlesung der Anklageschrift legte Fabian, der mit seinem Anwalt erschienen war, ausführlich seine Verweigerungsgründe dar. Er ging dabei auf die Rolle der Bundeswehr in der Gesellschaft, ihrer Transformation in eine Angriffsarmee und die besondere Rolle der Wehrpflicht für die Militarisierung einer Gesellschaft ein. Ein besonderes Augenmerk legte er dabei auf den sog. „Zivildienst“ der für Fabian nichts anderes als die Fortsetzung des Militärdienstes ohne Knarre sei. Bezugnehmend auf seine vegane Lebensweise sagte er: „Ich würde es auch ablehnen, Schlachter-Ersatzdienst zu machen“. In weiteren Ausführungen erklärte er auch, warum die Ablehnung des Zivildienstes für in eine Gewissensentscheidung aus weltanschaulichen Gründen sei. Mehr zu Fabians inhaltlichen Anlehnungsgründen und dem vorausgegangenen Verfahren:
https://de.indymedia.org/2010/01/271213.shtml
Nach einer Prozesspause, in der ein „prozessuales Nebengespräch“ und ein weiterer Prozess stattfanden, vertagte Richterin Bischoff den Prozess, da sie weitere Akten beiziehen wolle und Sachverständige zu laden gedenkt. Die Oberamtsananwältin Peterson stimmte dem zu. Fabians Anwalt stellte noch klar, dass Fabian sich keiner amtsärztlichen Begutachtung unterziehen werde. „Mein Mandat ist nicht verrückt, er handelt aus weltanschaulicher Überzeugung!“ gab der Anwalt zu Protokoll. Mit der Einstellung verhinderte das Gericht nun eine Haftstrafe, da die bisherigen Gerichte ihm seine Gewissensgründe absprachen. Das es auch anders geht, zeigte das Amtsgericht Schwäbisch-Hall am 4.2.2010. Es verurteilte zwar den Totalverweigerer Hannes zu 90 Tagessätzen, akzeptierte seine Ablehnung des Militärdienstes jedoch als eine Gewissensentscheidung. Das wird Hannes im Gegensatz zu Fabian vor erneuten Einberufungen und Mehrfachbestrafungen hoffentlich bewahren. Mehr Infos: https://herrschaftsfrei.blogsport.de/