Kriegsdienstverweigernder Soldat Finn: öffentlicher Druck hilft

Der öffentliche Druck auf die Bundeswehr in Nienburg beginnt zu wirken. Seit Montag wurde Finn immer wieder subtil unter Druck gesetzt. Ihm wurde unterschwellig Arrest oder Verfahren bei der Staatsanwaltschaft für den jeweils nächsten Tag angedroht, weil er sich weigert, seine Haare schneiden zu lassen. Heute berichtet Finn von einem Umschwung. Zwar sei er mit Ausgangssperre von 10 Tagen ab Samstag bestraft worden, allerdings scheint das Thema „Haare schneiden“ damit erst einmal erledigt. „Ich hoffe, das mein KDV-Antrag bis zum Ende dieser Frist erledigt ist“ sagte Finn am Telefon. „Es hilft auf jeden Fall zu wissen, dass ich mit den Folgen dieser Enntscheidung nicht allein gelassen werde.“

Während des Dienstes wachsen die Zweifel
Finn wurde zum 4.1.2010 zum Wehrdienst im 7.Bataillon Elektronische Kampfführung in die Clausewitz-Kaserne in Nienburg einberufen. „Ich bin zur Bundeswehr gegangen, weil ich wissen wollte, was an den Gerüchten dran ist.“ kommentiert Finn seine damalige Entscheidung. „Ich dachte: Das sind doch auch nur Menschen. Das kann doch nicht so schlimm sein.“ Mittlerweile sieht Finn das anders: „Erst hier beim Bund sieht man Waffen in Wirklichkeit. Das ist ganz anders als im Fernsehen. Erst hier habe ich verstanden, dass diese Dinger nur zum Töten da sind!“ Aus diesen Zweifeln heraus hat sich Finn entschieden, den Wehrdienst zu verweigern, und am Montag, den 11.1.2010 seinen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer abgegeben.

Befehlsverweigerung beim Haare schneiden
Hauptstreitpunkt mit seinen Vorgesetzten sind seit dem Finns lange rote Dreads. Er wurde seit Montag mehrmals aufgefordert, dem Befehl nachzukommen, diese bis zum nächsten Tag abzuschneiden. Da Finn dies ablehnt, wurde ihm ständig unterschwellig mit „Konsequenzen“ bzw. Arrest und einmal sogar mit Verfahren bei der Staatsanwaltschaft gedroht. Das subtile daran ist, dass diese Konsequenzen ständig im Raum stehen, aber nicht weiter benannt werden. „Diese ständige Belastung und Unklarheit macht es dem Betroffenen sehr schwer, bei seiner Meinung zu bleiben“ kommentiert dies Jan Hansen von der Initiative Militarismus-jetzt-stoppen.de.vu .Das gemeine daran sei, dass mit dieser Methode der unterschwelligen Bedrohung und des im Unklaren lassen des Betroffenen eine massive Verunsicherung der Person erreicht werden kann. „Durch die ständige Bedrohung entsteht ein Unsicherheitsgefühl, dass strategisch eingesetzt wird, um den Willen des Betroffenen zu brechen“ führt Hansen weiter aus. In seinen Augen sei dies ein weiterer Beleg dafür, dass eine Garantie von Grundrechte in Armeen unrealistisch sei und nur in der demokratischen Propaganda existieren könne. „Was Finn gerade erlebt, zeigt, dass die Praktiken des Befehls und Gehorsams in Armeen strukturell nicht mit der Forderung nach selbstbewussten emanzipierten Menschen vereinbar ist.

Umschwung in Finns Behandlung durch die Militärs
Finn berichtete heute jedoch von einem Umschwung der Klimas in der Kaserne. Zwar sei er heute mit einer Ausgangssperre von 10 Tagen ab Samstag belegt worden, allerdings habe er gleich darauf die Kaserne verlassen dürfen, um „Besorgungen“ für diese Zeit erledigen zu können. „Ich bekomme viel Post von Unterstützer_Innen, und ich hab genug zu lesen!“ Außerdem berichtet Finn, dass die Unterstützungskampagne seinen Vorgesetzten bekannt sei. „Das zeigt, dass es gelingen kann, durch öffentlichen Druck in die Abläufe der Bundeswehr einzugreifen, und die Situation für z.B. kriegsdienstverweigernde Soldaten zu verbessern“ sagte Jan Hansen von der Initiative www.militarismus-stoppen.de.vu .Er appellierte an alle UnterstützerInnen von Finn, weiter Briefe zu schreiben, um zum einen Finn weiter zu unterstützen, und zum anderen um den Militärs klarzumachen, dass es weiterhin eine kritische Öffentlichkeit gäbe. „Wir werden weiterhin sehr genau die Vorgänge in der Clausewitz-Kaserne beobachten, und wenn es nötig ist, weiter Druck machen!“

Bitte schreibt an:

Finn Ingwersen
Clausewitz-Kaserne
7. Btl. Elektronische Kampfführung
Am Rehhagen 10
31573 Nienburg/Weser

Was tun die Nienburger Militärs?
Die Militärs in Nienburg sind Teil der sog. CIMIC-Einheiten, die eine Schlüsselfunktion bei allen Auslandseinsätzen der Bundeswehr einehmen. Die CIMIC-Einheiten sollen Lagerbilder erstellen, und sich durch Kontakt zur Bevölkerung ein positives Bild der Besatzungstruppen vermitteln. Aufgrund der hiermit gewonnenen Informationen werden dann Massnahmen der Militärs beschlossen. Die CIMIC macht also irgendwas zwischen Aufklärung und Spionage. Wenn jedoch in der deutschen Presse von den CIMIC-Militärs zu lesen ist, ist dies meistens mit Propaganda von Brunnenbohren und Brückenbauen verbunden. Diese Tätigkeit ist jedoch so gering, dass man getrosst sagen kann, dass es sich um reine Propaganda für die Heimatfront handelt. Außerdem sind alle CIMIC-Aufbaumassnahmen fremdfinanziert, d.h. sie werden nicht aus dem über 30 Mrd. schweren Militäretat beglichen, sondern fehlen anderswo.

Wers nicht glaubt:
https://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/kcxml/04_Sj9SPykssy0xPLMnMz0vM0Y_QjzKLd443cTYFSYGYxgEh-pEwsaCUVH1fj_zcVH1v_QD9gtyIckdHRUUAk8MRmQ!!/delta/base64xml/L3dJdyEvd0ZNQUFzQUMvNElVRS82X0NfNDFJ

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