Die Bundeswehr versucht seit einiger Zeit massiv im öffentlichen Raum präsent zu sein. Vom Kriegsdenkmälern, werbewirksamen Kranzniederlegungen, Bundeswehr-Bigband und Besuchen in Schulen ist vieles vertreten. Dabei geht es oft weniger um konkrete Politik, sondern ist als Image-PR zu verstehen: Es wird versucht, den Menschen eine positive Assoziation mit der Tötungsmaschinerie Bundeswehr zu vermitteln.
Vielfältige Propaganda
Die dafür eingesetzten Mechanismen sind vielfältig. Die Bundeswehr-Show „Unser Heer“ versuchte vor einigen Jahren die Menschen schlicht mit einer perfekten Performance zu überfrachten: Rollende Panzer, zielgenau springende Fallschirmjäger und freundliche Herren hinter den Info-Tresen. Die Info-Veranstaltungen der Jugendoffiziere in Arbeitsämtern und Schulen zielen auf Nachwuchsgewinnung. Es geht darum, den Betroffenen eine Projektionsfläche für ihre Zukunftswünsche zu bieten. Die Auftritte der Bundeswehr-Bigband hingegen sind eher als gewöhnliche PR zu verstehen: Es geht darum, mit einer angenehmen Assoziation das eigene Label möglichst geschickt in den Köpfen der Menschen zu platzieren. Bei der Erwähnung der Bundeswehr soll an tolle Musik, und nicht an ermordete Afghanen gedacht werden.
Reaktionäre Politik
Politischer geht es bei Ausstellungen wie z.B. „300 Jahre Garnisionsstandort-50 Jahre Bundeswehr“ zu. Bei dieser komplett von (Ex-)Angehörigen der Streitkräfte erarbeiteten Ausstellung wird die Geschichte der Armee in Husum dargestellt. Dabei sind sowohl die Auslassungen, als auch die Betonungen interessant. Die Nazi-Zeit wird völlig unkritisch dargestellt und erscheint als gigantisches Konjunkturprogramm für Husum. Die Beteiligung der Wehrmacht an der Bewachung der nordfriesischen KZs fällt völlig unter den Tisch. Die reaktionäre Sichtweise der Ausstellungsmacher fällt auch bei den Auslassungen deutlich auf: Was die Husumer Einheiten während der Meuterei gegen den 1.Weltkrieg 1918 machten, erfährt der geneigte Leser leider nicht.
Tolle Auslandseinsätze?
Die Auslandseinsätze der Husumer Truppen hingegen kommen gut weg. Sie werden einfach abgefeiert und zelebriert als netter Betriebsausflug. Damit verbundene politische Fragen und Konflikte gibt es für die Militärs einfach nicht. Wahrscheinlich fällt ihnen der Widerspruch zwischen dem Anspruch, in Afghanistan „Demokratie“ schaffen zu wollen, und gleichzeitig in der Diktatur Usbekistan dafür Stützpunkte zu bauen, überhaupt nicht auf. Auch die Tatsache, dass sich bei „friedenschaffenden Maßnahmen“ oft schlicht und einfach um Bombardements handelt, verschwindet in der Darstellung der Militärs. Auch wird nicht erwähnt, dass die „Sicherheit und Stabilität“, die die Husumer Einheiten vorgeben, auf dem Balkan zu schaffen, schlicht und einfach die Sicherheit und Stabilität der Absatzmärkte der EU absichern.
Autoritäre Zuspitzung im Alltag
Des Weiteren trägt das öffentliche Auftreten der Militärs bereits jetzt zu einer autoritären Zuspitzung im Alltag bei. Mit den alltäglichen Kriegsdenkmälern wird eine Geisteshaltung glorifiziert, die generell mit Kriegspolitik einverstanden war, durch ihr konform gehen mit autoritärer Politik Widerstand erschwerte, und das Führerprinzip prinzipiell akzeptierte. Eine ähnliche Funktion haben die öffentlichen Gelöbnisse, die auch in Husum stattfinden. Hier werden ganz deutlich militaristische Unterwerfungsrituale in den öffentlichen Raum transportiert.
Fremdwort Grundrecht?
Zudem sind die Militärs Gehorsam und Kritiklosigkeit so sehr gewohnt, dass sie bei öffentlichen Veranstaltungen regelmäßig gegen die einfachsten Grundrechte verstoßen wird. Bei der Veranstaltung „Unser Heer“ 2002 versuchten die Feldjäger (Militärpolizei) gegen eine jugendliche Theatergruppe vorzugehen. Beim Gelöbnis 2004 setzten Soldaten AnwohnerInnen massiv unter Druck, bundeswehrkritische Transparente aus ihren Fenstern zu entfernen. Beim Bundeswehr-Big-Band-Auftritt 2006 wurde bereits Stunden vor Beginn eine gewaltfrei agierende Theatergruppe brutal verhaftet und zur Wache gebracht. Bei all diesen Veranstaltungen bekommt die Bundeswehr das Recht, zu definieren, wer sich im öffentlichem Raum aufhalten darf, und wer nicht. Doch damit nicht genug: Dadurch, dass viele Soldaten sich ehrenamtlich z.B. in der Kommunalpolitik engagieren, geht der Einfluss des Militarismus noch weiter. So konnte Ralf Hessmann, verantwortlicher Offizier des BigBand-Auftritts, Chef der SPD in Nordfriesland und Bürgermeister von Hattstedt einen Friedensaktivisten von seinem Arbeitsplatz im Jugendtreff entfernen.
Hofberichterstattung
Ein weiterer Baustein in der Propaganda-Kette sind unkritische Lokalzeitungen wie die Husumer Nachrichten, die mit „Hofberichterstattung“ aus den Kasernen auch für mediale Präsenz der Bundeswehr sorgen. Dass die meisten Medien sich unkritisch für Propaganda einspannen lassen, geben Soldaten ganz offen zu. 2004 antwortete der Presseoffizier der deutschen SFOR-Kaserne in Sarajevo ganz unverblümt auf die Frage nach den von der Armee gebauten Brücken und Brunnen: „Brücken bauen? Ahh….Sie meinen die CIMIC-Kompanie! Ach, das machen wir nur einmal im Jahr für die Journalisten!“