Polizei-Doku Schleswig, Teil 2, Die Dienstaufsichtsbeschwerde

Wir dokumentieren hier einen Artikel der Initiative militarismus-jetzt-stoppen:


„Ich habe im Anschluss an Demonstrationen schon häufig die Sätze gehört: Mach dir nicht die Mühe einer Anzeige, die Polizei wird doch keinen der ihren verraten. Dann wird auch noch dein Name registriert. Im schlimmsten Fall bekommst du eine Gegenanzeige.“ Scheinbar hatte der grüne Landtagsabgeordnete Thorsten Fürther in einer Landtagsdebatte zur Kennzeichnungspflicht von PolizistInnen einen lichten Moment. Doch der war schnell vorbei: „Um es deutlich zu sagen: Ich mache mir diese Haltung nicht zu eigen, und ich glaube auch nicht, dass diese Einschätzung die Polizei Schleswig-Holsteins zutreffend beschreibt.“ Das es leider doch so ist, dokumentiert folgender Fall aus Schleswig.

Polizeigewalt im Polizeibericht
4.2.2011 in Schleswig. Das Oberlandesgericht verknackt gerade ein Antimilitaristin, die bei einer Protestaktionen einen Militärtransport der Bundeswehr aufgehalten hatte, zu Schadensersatz. Während dessen geht die Schleswiger Polizei gewalttätig gegen UnterstützerInnen der Angeklagten vor. Laut Aktenlage bestreiten die Beamten den eigenen Gewalteinsatz auch überhaupt nicht:

Im Bericht keine Beleidigung
Der Aktenvermerk des angeblich als „staatlich bezahlten Gewalttäter“ beleidigten Einsatzleiter PHK Ralf Lohmeyer ist zwar schon am 4.2. geschrieben (und am 8.2. noch einmal geändert) worden, aber von „Anzeige“ und „Beleidigung“ findet sich zu diesem Zeitpunkt noch nichts in der Akte.

und die zweite Seite des Berichtes:

Auch der Kollege schildert keine Beleidigung
Auch sein Kollege POM Hauke Messer betont am 5.2.2011 in seinem Bericht noch, das es in der später im Strafbefehl erwähnten Situation zwar „Protestaktionen“ gegeben habe, diese „jedoch keine Straf-, bzw. Owi-Tatbestände erfüllten.“

Anzeige nach Beschwerde
Ein kritischer Journalist schreibt am 7.2.2011 eine Rechercheanfrage zu den Vorgängen.
Diese Rechercheanfrage wird als Dienstaufsichtsbeschwerde an an den Staatsschutz weiter geleitet und wird abgelehnt. Hier taucht zum ersten Mal der Vorwurf der Beleidigung bzgl. „staatlich bezahlte Gewalttäter“ auf. Also schlägt Staatsschützer KHK Neustadt dem Polizeikommisar Lohmeyer am 9.3.11 vor, doch eine Anzeige wegen Beleidigung zu machen. Und Lohmeyer verspricht laut Telefonnotiz dieses Revangefoul mit dem Dienstvorgesetzten abzuklären.

Staatsschutz schreibt Anzeige
Am 17.3, also über einen Monat nach der angeblichen Beleidigung, ist der Strafantrag da. Selbstverständlich gegen den kritischen Journalisten und nicht gegen einen der Prügelpolizisten. Der Vorwurf lautet „Beleidigung“. Der Journalist soll nach einem Gewalteinsatz der Beamten den Einsatzleiter gefragt haben, ob dieser der „ranghöchste staatliche Gewalttäter“ sei, und ob er den Einsatz leite. Und der Staatsschutzbeamte KHK Neustadt schreibt auch gleich selbst die Anzeige am 22.3.11.

Staatsanwalt Truknus spielt mit
Und die Justiz spielt das Spiel mit. Staatsanwalt Truknus findet nichts Schlimmes an Prügelpolizisten und aber das Benennen von Gewalttätigkeit der Polizei ist na klar schlimm:

Strafbefehl nach Beschwerde
Und auch die Rechtssprechende Gewalt sieht das offensichtlich auch so und stellt einen Strafbefehl aus. Das Problem: Ein Gericht darf einen Strafbefehl nur ausstellen, wenn es laut Aktenlage von der Schuld des Angeklagten überzeugt ist und deshalb eine Verhandlung für überflüssig hält. Wird kein Einspruch gegen den Strafbefehl binnen 14 Tagen eingelegt, gilt dieser als rechtskräftige Verurteilung – ganz ohne ordentliches Gerichtsverfahren und Verteidigung.

Gerichtsprozess am 20.3.2013
Der betroffene Journalist, der für sein kritisches Nachhaken kriminalisiert wurde, legte Einspruch ein, und so kommt es nun am 20.3.2013 um 9h am Amtsgericht Schleswig zur Gerichtsverhandlung wegen Beleidigung. Die Verhandlung wird öffentlich sein. Vielleicht mag ja auch Herr Fürther kommen, um sich live anzusehen, was von der Rolle der Polizei als ausführende Gewalt im demokratischen Regime zu halten ist?

Weitere Prozesse gegen damalige Prozessbesucherinnen
Am 3.4. wird wegen angeblichen Widerstandes verhandelt. Am 17.4 geht es um Widerstand, Beleidigung und „Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole“. „mit der Kriminalisierung von den betroffenen von Polizeigewalt versuchen die BeamtInnen regelmäßig, von ihren eigenen Gewalttaten abzulenken!“ sagt einer der Betroffenen.

Schadensersatzklage gegen AntimilitaristInnen am 1.März
Darüber hinaus wird auch wieder in der eigentliche Hauptsache um die Gleisblockade gegen einen Militärtransport verhandelt. Am 1.3. um 9:00 entscheidet das Amtsgericht Husum über die Schadensersatzklage des Konzerns Veolia bzgl. Schadensersatz für Schienenersatzverkehr.

Zum 1. Teil der Schleswiger Polizei-Doku: „Gilt die Pressefreiheit auch in Schleswig?

Außerdem empfehlenswert: Ein Hintergrundartikel zur „Gewalt“-Kampagne der Polizeigewerkschaften.

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